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Job-Probleme reflektieren: Ein Appell gegen mechanisches Weglächeln


Eines vorweg: Es ist wichtig, in schwierigen Lebensphasen geradeaus zu schauen und sich durch das dunkle Gestrüpp hindurchzukämpfen. Positives Denken ist enorm wichtig, es erweitert die Belastbarkeitsgrenze und bewahrt vor selbstzerstörerischem Denken. Allerdings gibt es in unserer Gesellschaft einen gefährlichen Trend, der sich immer weiter ausbreitet, nämlich die aufgezwungene Universalantwort „ALWAYS THINK POSITIVE“.

Ob bei Liebeskummer oder Schwierigkeiten im Berufsleben: Der Slogan zwingt uns zu einem gequälten Lächeln, auch wenn wir das Problem nicht reflektiert oder verarbeitet haben. Die Harvard-Psychologin Susan David beschreibt in ihrem neuen Buch Emotional Agility: Get Unstuck, Embrace Change and Thrive in Work and Life die Auswirkungen einer solch oberflächlichen Betrachtung.

Negative Emotionen verraten sehr viel über den eigenen Charakter – vor allem im Arbeitsalltag. Wenn man seinen Job als Bürde empfindet und sich jeden Morgen ein mechanisches Lächeln aufzwingen muss, verdrängt man wichtige Gefühlsregungen. Denn Frust und Unzufriedenheit geben uns Aufschluss darüber, was für uns wirklich zählt und was wir an einem guten Arbeitsklima wirklich schätzen würden. Ein simples Beispiel: Wer sich ständig über das Verhalten des Vorgesetzten ärgert, ist mit seinen zugrunde liegenden Werte- und Moralvorstellungen nicht einverstanden - es herrscht ein unterschiedliches Verständnis vom Begriff „Teamplayer“. Man muss diese Emotionen bewusst wahrnehmen und daraufhin reflektieren, ob man in einem solchen Umfeld weiterarbeiten möchte – oder was eine bessere Alternative für das eigene „Ich“ wäre.

„ALWAYS THINK POSITIVE“ kann ernsthafte Konsequenzen haben: Ein starres Weglächeln unterdrückt jegliche Gefühle und verhindert damit auch die Reflexion. Wenn wir negative Emotionen dauerhaft ignorieren, kommen Sie in einem heiklen Moment geballt und in viel höherer Konzentration zurückgeschossen. Der Slogan darf uns nicht in ein mentales Korsett zwängen oder uns mechanisch durch den Berufsalltag schreiten lassen.

Wir müssen vielmehr unseren Emotionen zuhören, damit wir begreifen, ob wir in ein Arbeitsumfeld oder in ein Team hineinpassen. Diese Auseinandersetzung macht uns empathischer, offener, reflektierter und selbstbewusster. Wir müssen unsere Gefühlsregungen im Berufsalltag wie ein stiller Beobachter von außen anschauen, sie hinterfragen und dann Konsequenzen daraus ziehen. Nur so kann man sich weiterentwickeln, emotional stabil bleiben und seine wahre Berufung finden.

Andrea Bruchwitz

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