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Abends zur Ruhe kommen: Kerzen-Meditation


Es gibt eine unangenehme Zeitspanne nach der alltäglichen Arbeitsroutine - nämlich den Übergang vom funktionierenden, fokussierten Angestellten zum gelösten, beseelten Menschen, der in sich ruht. Kein Wunder: Wir sind nach der Arbeit von den Sinneseindrücken des Alltags benommen und müssen das „professionelle Ich“, diese schützende Hülle, erst einmal ablegen. Der Körper muss verstehen, dass die permanent geforderte Aufmerksamkeit und erzwungene Freundlichkeit nun vorbei ist.

Also lassen wir uns erschöpft aufs Sofa fallen und greifen nach unserem Smartphone oder der Fernsehbedienung. Doch die sofortige Medienbeschallung blockiert den Kopf nur noch mehr, die antrainierte Aufnahmebereitschaft des Alltags wandelt sich lediglich in gedankenverlorene Medienrezeption um. Der Kopf bleibt beschäftigt, das Rad dreht sich passiv weiter.

Mit einer kleinen Übung kann dieser Kreislauf unterbrochen werden. Dazu muss man kein Zen-Meister sein und auch keinen Meditationskurs belegen - es reicht eine einfache Glaskerze.

Durch aufmerksames Beobachten zu innerer Stille finden

Dämme das Licht im Raum, zünde eine Kerze an und stelle sie in die Mitte deines Esstisches. Setze dich mit geradem Rücken auf einen Stuhl und lege die Handflächen auf deine Oberschenkel. Nehme dir fünf Minuten Zeit, um das Flackern der Kerze zu beobachten. Atme tief ein, während du die zuckenden Spiegelungen der Flamme im Glas, ihre tänzelnden Richtungswechsel und ihr gleißendes Licht anschaust. Beobachte, wie das Wachs um den Docht langsam seine Form verändert und wie sich der goldene Schatten über den Tisch zieht. Lasse dich in diesen fünf Minuten vollkommen auf die Geschwindigkeit der Kerze ein und schenke ihr deine ganze Aufmerksamkeit. Fokussiere die spitze Flamme für eine Weile, dann schaue durch sie hindurch und nehme ihre direkte Umgebung wahr. Wenn plötzlich ein unangenehmer Gedanke aufkommt, nehme ihn zur Kenntnis, aber widme dich dann wieder der brennenden Kerze.

Lasse dich nach fünf Minuten von einem sanften Wecker „erlösen“. Du wirst sehen, dass jene fünf Minuten nicht wie im stressigen Alltag blitzschnell vorbei sind, sondern sich ausdehnen und dabei extrem intensiv werden. Diese Übung korrigiert das Zeitempfinden und bringt dich abends dahin, wo du hingehörst: zu dir selbst.

Andrea Bruchwitz

Glaskerze „Marshmallow Root“ von Bomb Cosmetics, gesehen auf Flaconi.de

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