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Das Gefühl der inneren Einsamkeit meistern



Einsamkeit, was ist das eigentlich? Man kann enge Freunde oder Familienmitglieder um sich herum haben, ihr Rascheln und Werkeln wahrnehmen, ihren Gesprächen aufmerksam zuhören und sich dennoch einsam fühlen. Man kann inmitten einer großen Runde die aufregendste Geschichte erzählen, leuchtende Augen und ermunterndes Lachen ernten und sich gleichzeitig wie der einsamste Mensch auf Erden fühlen. Das Smartphone blinkt, das Telefon klingelt, die ungelesenen Nachrichten im Postfach quellen über – und trotzdem sind wir einsam. Die uns bekannte Einsamkeit hat also weniger mit dem Alleinsein, mit dem „ein-sam-sein“ zutun, sondern eher mit einem tauben, zerrenden Gefühl von innen. Warum fühlen wir uns einsam?


Vorweg: Wenn wir uns sozial isolieren und für uns alleine leben, werden wir krank. Forscher der University of New York haben über 180.000 Teilnehmer bis zu 21 Jahre lang beobachtet und herausgefunden, dass Einsamkeit das Risiko für Herzerkrankungen und Schlaganfälle um etwa 30 Prozent erhöht. Einsame und isolierte Menschen sind stressanfälliger und haben häufig einen erhöhten Blutdruck. Wer sich von anderen Menschen abkapselt, hat einen deutlich ungesünderen Lebensstil, ernährt sich schlechter und bewegt sich weniger. Der Kontakt zu Freunden, Arbeitskollegen und Familienmitgliedern bringt also nicht nur äußerlich mehr Schwung ins Leben, sondern tut auch der eigenen Gesundheit gut.

Die innere Einsamkeit ist das Problem


Diese Schwelle haben die meisten von uns glücklicherweise überschritten – in meinem Bekanntenkreis kenne ich niemanden, der sich dauerhaft der Außenwelt verschließt. Was hingegen verbreitet ist und beinahe jeden betrifft, ist die innere Einsamkeit, die wir so oft tarnen und mit aufgehalsten Unternehmungen, lustigen Sprüchen, ein wenig Alkohol oder Pseudo-Symptomen übertönen. Dieses sich leise anschleichende, dumpfe und betäubende Gefühl, das immer ein bisschen so tut, als fehle irgendetwas, was man gerade nicht greifen kann. Das ist Einsamkeit, die sogar die Beliebten, die Schönen, die Instagram-Stars, Konnektoren und Cliquenanführer aus unserem Bekanntenkreis von innen auffrisst.


Die Verbindung nach innen aufnehmen


Dieses Gefühl beschreibt keine Einsamkeit im klassischen Sinne, sondern den verlorenen Draht zu sich selbst. Das hört sich zunächst schlimmer an, als es ist. Wir können diesen Draht nicht so verlieren, wie wir Haarklemmen, Schlüssel oder Handys verlieren, da wir in jedem Moment alle notwenigen Mittel in der Hand halten, um den „verlorenen Draht“ zu greifen, uns ein wenig zu schütteln und ihn wieder an die richtige Stelle einzustöpseln.


In Momenten von ungreifbarer Einsamkeit sollte man sich vor den Spiegel stellen, einmal tief durchatmen, sich selbst anlächeln und an seinem Körper hinunter schauen. Bis zu den Fußspitzen. Alles, was wir jemals brauchen werden, tragen wir an und in uns: einen beweglichen Körper, einen wachen Geist und viel Geduld, um unsere eigenen Launen auszuhalten. Ein Herz mit der Fähigkeit zu lieben (je nach Lebensphase entweder unser geniales neues Projekt oder unsere kleine Schwester) und unseren Verstand, der unser Leben und Wahrnehmen konstruiert. Mehr braucht man nicht und mehr hat auch der weiseste, schlaueste oder schönste Mensch der Welt nicht.


Einen Körper (den wir jetzt einmal innerlich mit Wärme durchfluten lassen), einen wachen Geist (den wir nun einmal fixieren indem wir unsere Hand anschauen und sie bewusst erfassen) und eine Seele – die nun gerade merkt, dass diese drei Bausteine unser aller Geschenk sind, die im einzigartigen Jetzt der Menschheitsgeschichte zusammengefunden haben.


Wenn wir dies erfasst haben, gibt es keine Einsamkeit mehr – nur eine merkwürdig-komische Laune, die sich immer mal wieder zeigt und von uns mit einem lachenden Herzen einfach so akzeptiert werden muss.


Andrea Bruchwitz


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